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Interview

mit Melissa Kegler und Dan McComb

Der Film Ice Mermaid erzählt die Geschichte eines eiskalten Rekordversuchs und stellt dabei unsere Vorstellung von einer stereotypischen Athletin auf den Kopf.

Melissa Kegler

Die amerikanische Marathon-, Kanal- und Eisschwimmerin entdeckte ihre Liebe zum Schwimmsport in den Großen Seen in Michigan. Heute lebt sie im Pazifischen Nordwesten. Sie schwimmt am liebsten bei 14°C und kauft unwahrscheinlich gerne neue Badeanzüge.

Dan McComb

Der kanadisch-amerikanische Filmemacher hat schon viele Dokumentarfilme gedreht (unter anderem für die BBC) und erhielt für seine Arbeit bereits eine Emmy-Nominierung. Am Seattle Film Institute unterrichtete er Kameraführung und Filmschnitt.

Melissa, du bist 2,2 Kilometer im eiskalten Wasser geschwommen. Woher kam die Idee zu diesem Rekordversuch?

(MELISSA KEGLER)
Die Idee kam, nachdem ich meine erste Eismeile geschwommen war. Ich hatte richtige Horrorgeschichten darüber gehört, wie sehr es weh tun würde und dass die Erholungsphase ganz furchtbar wäre. Dann schwamm ich die Eismeile - und es war gar nicht so schlimm, wie die Leute es beschrieben hatten! Ich dachte: Wow, das macht Spaß! Ich wollte mehr als eine Meile schwimmen und da der aktuelle amerikanische Rekord damals bei 2 Kilometern lag – was jetzt auch nicht so viel mehr als eine Meile ist (Anm. d. Red. 2 Kilometer entsprechen rund 1,2 Meilen) – dachte ich, dass es doch schön wäre, einen neuen US-Rekord aufzustellen. Irgendwie mag ich wohl diesen Zustand, kurz bevor man unterkühlt ist. (lacht)

Wann hast du mit dem Eisschwimmen begonnen?

(MELISSA KEGLER)
Das war ungefähr eineinhalb Jahre vor dem Rekord. Wobei man sagen muss: mit Sternchen. Wer im Pazifischen Nordwesten mit dem Eisschwimmen anfängt, hat ja andere Startbedingungen als jemand aus Florida. Der Pazifik hat im Sommer maximal 14 Grad Celsius und im Winter 7. Das ist kein großer Unterschied. Und ich schwimme hier seit 2014, habe also schon eine ganze Weile in kaltem Wasser trainiert.

Dan, wie hast du Melissa kennengelernt?

(DAN McCOMB)
Ich habe am Seattle Film Institute einen Workshop gegeben und mit einer Gruppe von Studierenden ein kleines Porträt über einen Langstreckenschwimmer gedreht, den ich über Facebook gefunden hatte. Er erzählte mir von dieser Melissa Kegler, dass sie eine unglaublich gute Schwimmerin sei und bereits viele große Schwimmprojekte umgesetzt hätte. Ich hatte eine ziemlich konkrete Vorstellung von dieser großartigen Sportlerin in meinem Kopf. Als ich sie dann das erste Mal traf, war das schon so eine Art Schock. Melissa war überhaupt nicht das, was ich erwartet hatte. Sie stellte meine Vorstellung davon, wie eine erfolgreiche Athletin aussehen kann, komplett auf den Kopf. Das machte das ganze Filmprojekt umso interessanter für mich. Ich wollte herausfinden, wer sie ist und was sie zu diesen außergewöhnlichen Leistungen befähigt.

Inwiefern bietet dein Körper einen Vorteil fürs Eisschwimmen?

(MELISSA KEGLER)
Es gibt auch sehr dünne Eisschwimmer'innen. Aber ob ich den Sport betreiben könnte, wenn ich dünner wäre, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass mein Körper mich im Moment dazu befähigt. Das will ich nicht riskieren – nur um vielleicht besser in einem Paar Hosen auszusehen. Viele fangen erst später in ihrem Leben mit dem Eisschwimmen an. Sie haben zu dem Zeitpunkt vielleicht ein bisschen Speck angesetzt, aber darunter verstecken sich auch eine Menge Muskeln. Körper verändern sich eben mit der Zeit. Mein Körper sah mit 18 oder 25 Jahren auch anders aus!

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Wie gehst du mit negativen Kommentaren zu deinem Körper um?

(MELISSA KEGLER)
Meistens nehme ich es mit Humor. Ich bekomme ständig Kommentare zu meinem Körper, wahrscheinlich jede Woche. Ich höre sie im Sommer am Strand oder im Fitnessstudio, wo ich vielleicht vier bis fünf Mal pro Jahr trainiere. Wenn es die Kommentare nicht gäbe, wäre es mir lieber, aber ich kann es nicht ändern. Manche steckt man leichter weg als andere, aber letztendlich haben sie keine Bedeutung. Bei dem Arzt, der das Formular unterschreiben musste, damit ich meinen Rekordversuch starten konnte, war das etwas anderes. Dieser Arzt war in der Position mich von etwas abzuhalten, das ich gerne tun wollte und wozu ich mich körperlich in der Lage fühlte. Die Entscheidung lag nicht mehr in meiner Hand. So eine Situation hatte ich schon sehr lange nicht mehr erlebt und es hat eine Menge Emotionen ausgelöst, mit denen ich erst einmal umgehen musste.

Hättet ihr Melissas Treffen mit diesem Arzt gerne gefilmt?

(DAN McCOMB)
Ich wäre gerne in diesem Moment mit meiner Kamera dabei gewesen. Aber der Arzt hat das abgelehnt. Ich finde es noch immer bedauerlich, dass wir seine Aussage nicht filmen durften. Ich denke, dass es den Film ein bisschen besser gemacht hätte. Aber letztendlich mussten wir mit Melissas Bericht arbeiten, wie sie den Moment in Erinnerung hatte.

Dan, bist du während der Dreharbeiten auch mal ins kalte Wasser gegangen?

(DAN McCOMB)
Sechs Mal hat Melissa es geschafft, mich zu überreden. Das weiß ich noch ganz genau, weil es jedes Mal eine unvergessliche Erfahrung war. Aber ich bin nie ohne Neoprenanzug ins Wasser, obwohl Melissa mich dazu ermutigt hat. Ich liebe es, draußen in der Natur zu sein und bin ein sehr versierter Seekajaker. Daher habe ich auch einen Trockenanzug. Der hält eigentlich warm und trocken, wenn man im Wasser ist, aber selbst damit ist mir kalt geworden! Ich habe wirklich äußersten Respekt vor dem, was Melissa macht.

Am Ende des Films hat eine Robbe einen kleinen Gastauftritt.
Wie habt ihr es geschafft, das zu filmen?

(DAN McCOMB)
Melissa hatte mir erzählt, dass manchmal Robben kommen und gemeinsam mit ihr schwimmen. Ich habe nicht wirklich damit gerechnet, dass es ausgerechnet an diesem Tag passieren würde, an dem wir filmen wollten, habe sie aber trotzdem mit meiner Drohne verfolgt. Und dann tauchte die Robbe auf! Das war ein Geschenk des Himmels. Meine Hände haben während der Aufnahme richtig gezittert.

(MELISSA KEGLER)
Manchmal weiß man einfach, dass etwas Wunderbares passieren wird. Und da draußen mit Dan und den Student'innen die Robben zu treffen und zu wissen, dass eine Menge Leute, die nicht ins Wasser gehen würden, das am Ende sehen können – das war wirklich etwas ganz Besonderes für mich.

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